Lateiner übersetzen Freundebücher im Stadtarchiv

Freundebücher kennen junge Leute heutzutage aus der Grundschule: Sie werden den Mitschülern gegeben, damit man sich später im Leben noch an ihre Hobbys, Lieblingsessen oder Berufswünsche erinnert. Die Elterngeneration weiß noch von Poesiealben mit ihren Gedichten und Widmungen für den Besitzer. Dass beides eine mehrhundertjährige Tradition hat, haben Lateinschüler des NGL gemeinsam mit einer italienischen Schülergruppe aus der Partnerschule in Vercelli am Mittwoch im Stadtarchiv aus eigener Anschauung bei dem Workshop "Latein im Archiv" erfahren können.

Ein ‚Album amicorum‘ ist ein solches Freundebuch oder Posiealbum, wie es im 16. Jahrhundert unter Studenten in Gebrauch gekommen ist. Katharina Beiergrößlein betreut im Archiv der Stadt Stuttgart einen umfangreichen Bestand davon. Ihr ist es ein Anliegen, auch Jugendliche dafür zu begeistern. Warum gerade Latein-Schüler? Viele Einträge sind in der Sprache Ciceros und Cäsars geschrieben. Und genau diese haben sich die jungen Lateiner vorgenommen, fleißig übersetzt und eigene lateinische Eintragungen verfasst.

Vor dem Workshop führte Michael Herzog, Leiter der Archivpädagogik, durch die Räumlichkeiten und Bestände. Dabei entdeckten die Teilnehmer unterschiedliche archivierte Quellen: Die Konzertankündigung für einen italienischen Schlagersänger in einer Stuttgarter Gastarbeiterzeitung, den Spielplan eines deutsch-italienischen Fußballturniers aus den siebziger Jahren oder einen Bestand archivierter Fotos und Postkarten des ehemaligen Leibniz-Gymnasium. Dadurch wurde die Führung für die Schüler besonders anschaulich und erhielt eine persönliche Note. „Das ist das Besondere am Archiv: Jeder Gast findet sich in den Archivalien wieder und kann sich so einen individuellen Zugang schaffen“, erläuterte Michael Herzog.

Wer mehr über die ‚Alba amicorum‘ erfahren möchte, findet im Stuttgarter Stadt-Archiv-Blog dazu einen Eintrag. Weitere Informationen über den Latein-Austausch am NGL gibt es hier.

06.03.2024/Rd